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Kapitel VII: Die arme Pommesgabel-Armee
Mülheim Asozial, Lambs, F*cking Angry im AKZ Recklinghausen am 25. Januar 2014
Dieser Artikel ist Teil des fortlaufenden Romans „Auf der Suche nach der goldenen Pommesgabel“. Infos dazu gibt es hier.
Als sich am Herner Bahnhof der Pulk von Büdchentourfetischisten zusammengerottet hatte, hatte er noch immer nicht den Hauch einer Ahnung, wie er diese dazu bringen sollte, ihn bei der Suche nach der Goldenen Pommesgabel zu unterstützen. Ein wirklich cleveres Kerlchen, unser Antiheld. Also stieß er mit einem extra für diesen Zweck mitgeführten silbernen Holzlöffel gegen seine Kristallflasche der Marke Hansa, räusperte sich und sprach voller Improvisation: „Mägde und Knechte, höret mir zu. Wir haben jetzt einen scheiß langen Fußweg vor uns und ich habe mir für Euch etwas von betörender Schönheit ausgedacht. Ich habe am Wegesrand oder woanders eine Goldene Pommesgabel versteckt. Gehet voran und suchet sie. Die- oder denjenigen, die, der oder das mir das Objekt meiner Begierde bringe, werde ich reich belohnen. Mein Leergut müsste eh mal wieder weggebracht werden.“
Doch was hatte er da für einen erbärmlichen Haufen von Nichtsnutzen und Gebrechlichen einberufen. Ritter Alexej klagte über Rückenschmerz, Ritterin Tüddel war noch vom Vorabend voll, andere kamen erst gar nicht, weil die Luftwärme nicht über 15 Grad Celsius lag und der Rest der Gang guckte ihn nur ahnungslos an und schüttelte mit dem Kopf. Und anders gelagerte Menschen kannte er ja auch gar nicht. Nichtsdestorotz ergriff er noch ein letztes Mal das Wort: „Los geht´s, Scherginnen und Schergen. Machen wir Recklinghausen zum Gefahrengebiet.“ Und so trabte die hochmotivierte arme Pommesgabel-Armee hinfort in den nördlichen Ruhrpottdschungel. Mögen die Spiele beginnen. Darauf ein Hansa.
Sie waren bereits 45 Minuten unterwegs und der Herner Bahnhof lag noch immer in Sichtweite. Es war ein langer, steiniger Weg und er befürchtete, vor einer bestimmten Gaststätte in blutige, verlustreiche Kämpfe verwickelt zu werden. Doch er war bereit diese Opfer zu bringen. So lange er davon nicht selber betroffen war. Kollateralschäden sind nie zu vermeiden und so passierten sie Büdchen für Büdchen, tranken und frohlockten und hatten das Glück der Doofen: Sie blieben (von den paar abgestorbenen Gehirnzellen einmal abgesehen) unbeschadet.
Es war nicht schwer zu erkennen, dass dieser Pulk von Nichtsnutzen mit steigendem Alkoholkonsum seine Aufgabe nicht mehr ernst nahm. Also haute er nach halber Strecke mit dem Löffel auf den Gehweg, sprach: „Ey, hömma,…“, nahm einen Schluck aus der Flasche und taumelte weiter.
Dennoch war dieser Gelächter einflößenden Truppe ihr zerstörerischer Ruf zuvor geeilt. Da hatte wohl jemand bei der Pressemitteilung ein „selbst“ vor dem „zerstörerischen“ verschluckt. Und so dauerte es nicht lange, bis die ersten Anwohner*innen beim Vorbeiziehen der Furchtlosen hektisch die Rollos herunterließen.
Nach mehreren Büdchen überraschten seine Krieger*innen ihn an der Lutherkirche mit einem Ritual, an das er sich von der letzten Büdchentour über diese Strecke nicht erinnern konnte. Wie auf Kommando kramte Ritterin Tüddel aus ihrem Rucksack eine Klopapierrolle hervor und sie verschwanden zu sechst hinter der Kirche, während ein siebter Ritter Wache schob. Er glaubte nicht, was er dort sah: Rudelpinkeln hinter dem Gotteshaus. Und als wenn jemand auf die Damen und Herren gewartet hätte, erklangen just in diesem Moment die Kirchenglocken und man schaltete für die arme Armee tatsächlich spontan die Außenbeleuchtung ein. Gott ist schon mal auf unserer Seite.
Sie näherten sich so langsam ihrem Ziel, während die Goldene Pommesgabel längst aus ihrem Gedächtnis verschwunden war. Einmal keimte in ihm kurz Hoffnung auf, als ihn eine überdimensionale Pommestüte als Werbemaßnahme vor einer Pommesbude anstrahlte. Doch ein wirkliches Anzeichen von Reaktion konnte er in den Augen der Blasenerleichterten nicht erkennen. Also harkte er das Thema für heute ab und kümmerte sich darum, noch irgendwo ein Hansa aufzugreifen.
Sie erreichten das letzte Büdchen vor dem AKZ. Was tun, wenn sie dort kein Hansa im Sortimente führten? Er hasste es verschiedene Biersorten durcheinander zu trinken und da der Rest noch bestens mit Braugut versorgt war, wäre er in der Trinkhalle ganz auf sich alleine gestellt. Er verspürte einen unangenehmen Scham: Was ist, wenn sie dort kein Hansa haben? Einfach wieder rausgehen ohne was zu kaufen, wollte er aus für ihn selbst unerklärlichen Gründen nicht. Da ergriff Ritter Alexej das Wort und sprach: „Ich hab da früher immer Hansa bekommen.“ Und so entgegnete er ihm: „OK, Deal: Wenn die kein Hansa haben, kauf ich halt ´n Fläschken Wodka, aber das trinkst Du dann.“ So sinnentleert dieser Gedankengang auch war, ging dieses Unterkapitel genau so aus. Er war kurz vor dem Verdursten, während Alexej zu seinem Pils auch noch eine Flasche Wodka in den Händen hielt.
Es dauerte nach ihrer Ankunft nicht lange, bis das vom Geist prophezeite „Geschrei mit musikalischer Untermalung“ begann. „F*cking Angry“ aus Bonn betrat die Bühnenbretter und haute unseren Antihelden fast um. Er war schlichtweg begeistert von der Darbietung und als seine Euphorie ihren Höhepunkt fand, fiel ihm seine eigene dreividdelvolle Bierflasche, die er zuvor auf die Box neben sich gestellt hatte, aufs Köpfchen. Nicht das erste Mal, dass ihm seine Wursthaare zu Gute kamen, da diese äußerliche stumpfe Einwirkungen auf die Schädeldecke hervorragend abfingen. (Kleiner Tipp an die kampferprobten Skinheads unter Euch.)
Auch die Musikkapelle „Lambs“ wusste ihn zu begeistern und dass er die als letzte auftretenden „Mülheim Asozial“ großartig findet, war ihm bereits bekannt. Auch wenn die Suche nach der Goldenen Pommesgabel einmal mehr im Taumel in Vergessenheit geriet, war er erfreut über den fantastischen musikalischen Abend und rannte irgendwann wie gewohnt einfach weg.
Fortsetzung folgt.
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