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Kapitel XIV: Solidarisches Familientreffen
BicahunaS, Supabond, Paranoya, Der Rasende Stillstand, Fallout Babies im Rattenloch, Schwerte, am 28. Februar 2014
Dieser Artikel ist Teil des fortlaufenden Romans „Auf der Suche nach der goldenen Pommesgabel“. Infos dazu gibt es hier.
„Hallo Deutschland, Du Arsch!“ zischte es ihm durch den Schädel, als er das Rollo seines kleinen Schlafzimmerfensters hochzog und hinaus blickte. Er war keiner von diesen Punks, die sich ein elektrisches Rollo einbauen ließen, obwohl sie es sich nicht leisten konnten. Und dann kroch auch schon das Murmeltier vorbei und murmelte: „Selber Arsch!“
Das Wochenende würde riesig werden. Nicht nur bezüglich seiner Zeitspanne, sondern auch in der Tiefe von oben wie unten. Vier tatsächliche Pflichtveranstaltungen an drei Tagen. Vier Veranstaltungen, bei denen er tatsächlich mal nicht sagen könnte: „Ach komm, bleiben wa doch auffe Couch.“ Zwar lehnte er soziale Gemeinschaftstreffenverpflichtungsveranstaltungspflichten weitgehendst generell ab, doch an diesem Wochenende waren zumindest drei dieser vier Feierlichkeiten der Regel Ausnahmen. Und für die vierte Veranstaltung hatte er tatsächlich längst Karten reserviert.
Da freute er sich natürlich wie Hulle, denn Hulle war sein großes Vorbild. Zumindest tat er so, als würde er sich freuen. In Wirklichkeit macht er sich seit Wochen Gedanken darüber, wie er das bloß durchstehen sollte und scheiterte schon im Vorfeld an seinen Konsumgedankenspielen. Da passte es ihm nahezu perfekt in den Plan, dass im Großbereich Kleinscheißstadt die Internetverbindung besagtem Murmeltier zum Opfer gefallen war und er am morgendlichen Morgen bis auf weiteres nicht mit lebenswichtigen Informationen versorgt werden würde, die ihm ein smartes Phone – welches er zu diesen Zwecken eh nicht nutzte – nicht liefern konnte.
Die Stunden vergingen, die Minuten japsten hinterher und die Sekunden kamen nahezu zum erliegen. Als die erst gar nicht aufgehende Sonne des Abends endlich unterging, beschloss seine Freundin die Reise in die Schwerter Idylle mit dem Auto zu absolvieren. Ihm behagte diese Idee, da er sich daraus folgend nicht extra für den Regionalexpress schick machen musste.
Als sie die Treppe hinab und die Theke hinauf stiegen, war für das feierliche Familientreffen alles gebührend angerichtet. Er labte sich am Hansa Pils, frönte ein paar Konversationen und fragte sich, was er denn überhaupt in dieses Kapitel groß unterbringen sollte bei einer folgetäglichen Motivation nahe dem Nullpunkt. Zum Beispiel das hier: Von den „Fallout Babies“ bekam er nur die letzten zwei Songs mit, von „Der Rasende Stillstand“ war er durchaus positiv berührt und den Satz jetzt so lang zu ziehen, bis alle Bands untergebracht sind, ist rhetorisch nicht wertvoll. „Paranoya“ stimulierten ihn zum philosophieren, da ihm einmal mehr bewusst wurde, dass die ihm wohl bekannte Band in ständiger Metamorphose ein Wechselbad der Gefühle in ihm auslöste. Da gab es die Auftritte, an denen er eher teilnahmslos die Kompositionen an sich abprallen ließ, während er nahezu regelmäßig den darauf folgenden Auftritt der Herren als absolut gelungen empfand. Heute war es wieder an der Zeit die Darbietung mit ernst gemeintem Applaus zu würdigen.
Er war der festen Überzeugung zu diesem Zeitpunkt noch halbwegs nüchtern zu sein, was ihn zu der gewagten These trieb, er würde die Auftritte Paranoyas immer dann gut finden, wenn sein Alkoholkonsum sich bis dahin in Grenzen hielt. Das möge für die Band sprechen, minimierte jedoch auch ihre Chance allzu oft von ihm abgefeiert zu werden.
Es war inzwischen eine halbe Stunde vor Mitternacht und er verweilte noch immer im schnuckeligen Rattenloch. Bereits jetzt kamen ihm bekannte Menschen und Tiere (vornehmlich Waldschrate) auf ihn zu und artikulierten ihre Überraschung über seine anhaltende Anwesenheit. Selbst nachdem „Supabond“, deren Auftritt er trotz der Unzufriedenheit ihrer Sängerin Suse wie gewohnt als exzellent einstufte, die Bühne verließen, machte er keine Anstalten von Dannen zu ziehen und bremste an der Theke abrupt ab. Hatte er etwa einen Plan? Gab es einen anonymen Hinweis auf die Goldene Pommesgabel? Doofe Frage, als ob unser Antiheld jemals einen Plan hätte.
Den „BicahunaS“ kam die undankbare Aufgabe zuteil, als letzte von fünf Band vor einer Hand voll Überlebender aufzutreten. Er war eh schon verwundert darüber, wo die sonst hier hausenden Kids heute alle geblieben waren, war sich jedoch sicher, dass diese nicht über Nacht erwachsen geworden sind und beruhigte sich dank seiner objektiven Verknüpfung von Gedankengängen wieder. Um die Liste der Anwesenden nicht zu halbieren, blieb er mit seiner Freundin auch bei den BicahunaS noch bis zum letzten Akkord und erntete von seiner asozialen Bezugsgruppe dafür stillschweigenden Beifall.
Der erste Tag des Wochenendmarathons war geschafft, doch trotz halbwegs zurückhaltenden Konsums fühlte er sich am nächsten Morgen zunächst ängstlich, da nach dem Aufstehen ein Folgekater noch nicht vollkommen ausgeschlossen werden konnte. Später dann aber doch. Juché!
Fortsetzung folgt.
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