Kapitel 26: Auch das Schönste hat ein mal ein Ende (3rd Day/Evenig,The Great British Alternative Music Festival at Butlin´s, Minehead)

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Kapitel XXVI: Auch das Schönste hat ein mal ein Ende

3rd Day/Evening of The Great British Alternative Music Festival at Butlin´s, Minehead, 30. März 2014
mit der John Otway Band, The Damned, From The Jam, Chelsea, Buzzcocks

Dieser Artikel ist Teil des fortlaufenden Romans „Auf der Suche nach der goldenen Pommesgabel“. Infos dazu gibt es hier.

Der letzte Abend dieses denkwürdigen Wochenendes lag vor ihnen. Er hatte das Gefühl, dass er sich für diesen Anlass angemessen kleiden müsste und tat dies, indem er das gleiche anzog, wie die letzten beiden Tage zuvor. So tänzelnden sie mittelgut gelaunt zur Haupthalle und freuten sich vor allem auf einen Darsteller: John Otway.

Als sie eine dreiviertel Stunde vor Beginn den Saal betraten, stand vor der Bühne bereits wie erwartet Papa Skinhead und wartete auf seinen Sohn. Dieser traf erst zehn Minuten später ein und als ob das ein Startschuss für den Vater gewesen war, eröffnete dieser spontan und einmal mehr – trotz mangelnden Taktgefühls – den ausgelassenen und extravaganten Tanz. In diesen Momenten bereute er es, wegen dieses dämlichen Realromans keine Berichte mehr in Livetickerform zu schreiben. Fuck the chipsfork!

John Otway hatten sie vor einigen Jahren in Shoreham by Sea gesehen, wo er zusammen mit Attila The Stockbroker, jedoch ohne Band auftrat. Dieser wahnsinnige, inzwischen 61jährige Künstler hatte die beiden völlig begeistert und sie waren gespannt, wie John Otway mit Band agieren würde. Und sie wurden nicht enttäuscht.

Bereits beim ersten Lied schlug Otway mit der Gitarre in der Hand drei Judorollen aufs harte Parkett, was er im Laufe des Abends von einer Leiter herab noch einmal wiederholen sollte. Kopfschüttelnd und lachend schaute er ein ums andere mal seine Freundin an und sie tat es ihm gleich. Ob der Künstler seinem Mikrofon mit Anlauf Kopfnüsse gab, sich einen Umhängemikrofonständer aus einem Kleiderbügel bastelte und damit rumturnte oder sich sein Hemd schreiend aufriss – er versprühte eine Freude und einen Witz, der unbeschreiblich war. Seine Bandmitglieder fügten sich nahtlos in diese wahnsinnige Darbietung ein und selbst musikalisch wussten die Herren dabei zu gefallen. Der Jubel im Publikum kannte keine Grenzen mehr und als auch seine Euphorie auf dem Höhepunkt war, überreichte John Otway ihm die Goldene Pommesgabel.

Für die folgenden zwei Parallelauftritte gesellten sie sich zunächst zu „The Damned“, die vor einer für seinen Geschmack zu gut gefüllten Zweithalle aufspielten. Für die letzten Musikwerke wechselten sie noch einmal kurz zu „From The Jam“, bei denen es angesichts der riesigen Räumlichkeit zwar mehr Luft zu schnappen gab, jedoch für seinen Geschmack zu wenig musikalische Offenbarung. Zurück in der Zweithalle wurde gerade der mit Bier in den letzten drei Tagen ausgiebig getränkte Teppichboden gründlich gereinigt, indem sich ein Jugendlicher Minutenlang in ausgestreckter Körperhaltung über den Boden wälzte und dabei stark an eine Maschine erinnerte, mit der in Eishallen die Eisflächen geglättet wurden. Hätte der junge Mann gewusst, dass bei der folgenden Kapelle namens „Chelsea“ der Raum nur sehr mager gefüllt werden sollte, hätte dieser sich die Mühe sparen können.

Die Ur-Punkband konnte die beiden leider nicht überzeugen, so dass sie nach der Hälfte des Auftritts in die übervolle Haupthalle wechselten, wo der Headliner „Buzzcocks“ ihre Müdigkeit nicht mehr verhindern konnte. Und so endete das in der Broschüre versprochene „Wochenende Ihres Lebens“ ohne ein abschließendes Feuerwerk. Es war zwar nicht das allertollste Festival, das sie je erlebt hatten, dafür jedoch das beschissenste.

„Nein!“ – so wollte er das nicht stehen lassen. Denn schließlich haben sie durchaus großartige Auftritte von The Lurkers, TV Smith und John Otway gesehen. So gruselig das Ambiente auch war, so haben sie doch tolle Momente an diesem Wochenende erlebt und zahlreiche Gründe zur Freude gehabt. Auch wenn diese nicht immer vom Veranstalter, wie dieser es eigentlich geplant hatte, gesteuert waren. Und so hinterließen sie nach einer letzten Nacht in ihrer Pappbehausung das Feld mit einem Lächeln. Auch wenn die imaginär überreichte Pommesgabel nur ein Produkt seiner durch die Euphorie ausgelösten halluzinierenden Phantasie war.

Als sie das Tor des Geländes durchquerten, fanden sie dort einen „Access All Areas“-Ausweis, der offensichtlich für alle Veranstaltungen an dieser Stelle Gültigkeit besaß, da auf diesem kein spezielles Datum und keine explizite Aufführung vermerkt waren. Genau diese Ausweise trugen die in den Vortagen aufgetretenen Künstler*innen. Seine Gedanken waren wieder bei Snuff und der ABBA Sensation, wie sie 2015 bei Butlin´s zu Minehead in seinen Träumen auftreten sollten. Vermutlich gleichzeitig auf zwei verschiedenen Bühnen. Aber mit ihm, seinem Ausweis und der Goldenen Pommesgabel im Knopfloch, das Backstagebier leertrinkend vom Bühnenrand ins Publikum pöbelnd. Was er – falls überhaupt – für diesen Zweck anziehen sollte, konnte er sich noch ein Jahr lang überlegen.

Fortsetzung folgt.


Fotos und Bericht stehen unter einer Creative Commons Lizenz.

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