Diary 2015/48. KW (2.Teil): Notgemeinschaft Peter Pan, LAK @ AZ Mülheim

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PUNKROCK DIARY

48. Kalenderwoche 2015

Notgemeinschaft Peter Pan, LAK

AZ Mülheim


Intro, 29. November 2015, 10:59 Uhr, Residence Witten

Liebe Coco (und Ihr beiden anderen), es tut mir wirklich leid. Aber es gibt keinen Weg zurück. Zum Jahresende werde ich die Rubrik endgültig dicht machen. Nach 13 Jahren Onlineberichterstattung führt der Weg zurück zum ausschließlich gedrucktem Medium. Mit den Punkrock Almanächern 2013 und 2014 habe ich die Konzertticker bereits parallel in Buchform veröffentlicht. 2015 war der Startschuss, um die Berichte in einer Mischung aus Buch und Fanzine quartalsmäßig unauffällig unter die Leute zu bringen. Das alles weiter parallel laufen zu lassen macht für mich keinen Sinn mehr und der Aufwand ist einfach zu groß. ich hab auch schlichtweg keinen Bock mehr drauf, was zunehmend zu Schreibblockaden führt. Ich hoffe, dass das auch dem Printwerk gut tut und nochmal andere Ideen freisetzt. We will see. Wer also weiterhin meine Ergüsse ertragen möchte, der kann für wirklich kleines Geld auch in Zukunft auf das „PUNKROCK DIARY – RILBFHPA RELOADED“ zurück greifen, welches 2016 vermutlich am  1. Februar (mit den noch online erscheinenden Tickers aus dem 4. Quartal 2015), 1. Mai, 1. August und 1. November erscheinen wird. Gibt es dann bei uns wie gewohnt im Non Profit-Mailorder. Ich bin wirklich sehr gespannt, wie viele von Euch den Weg mitgehend werden. Für mich ist das gedruckte Werk im Bahn- und Klofreundlicchen A5-Format noch immer DAS non-plus-ultra unter den geschriebenen Worten fürs Punkerherz. Jetzt schon mal vielen Dank an alle, die sich meine wirren Worte regel- oder meinetwegen auch unregelmäßig gegeben haben. Ich würde mich freuen, wenn Ihr stattdessen in Zukunft auch zum gedruckten Werk zum Unkostenpreis greifen werdet. Merci & Cheers!


Samstag, 28. November 2015, 17:01 Uhr, Veganisierbar, Essen

Dem Enterich, der Steffi und der Sarah sei Dank, dass ich überhaupt in der Lage bin, hier halbwegs wohlwollend in mein Bier zu fallen. Das gestrige Sauerländische Gepansche hat es tatsächlich fertig gebracht, mich zu morgendlichen Jammerhöchstleistungen zu bewegen. Als Sabbi gegen viddel nach zehn im nahezu malerischen Meschede den Motor startete, war es mir ein besonderes Anliegen auf die Notwendigkeit möglicher ausflussbedingter Unterbrechungen der Reise hinzuweisen. Zum Glück kam es dazu nicht, was mich jedoch nicht daran hinderte meinem Unwohlsein ununterbrochen akustisch Ausdruck zu verleihen.

Rund 7 Stunden später sitzen wir in unserer Lieblingskaschemme und warten, mit den Fingern nervös auf die Theke trommelnd, auf unseren Lieblingsumsiedler Daniel von und zu Socke. Wir sind wirklich scheiße hungrig und Sabbi haut zum wiederholten Mal den Vorschlag rein, dass wir ihn doch mal kurz anrufen könnten um in seinem Sinne das fürstliche Mahl bereits mit zu bestellen, anstatt – sozial wie wir sind – mit dem ordern auf ihn zu warten. Trotz aller Hoffnung, dass mir die Speisen hier zu neuem Lebensmut verhelfen werden, widerspreche ich ihrem Vorschlag, da Daniel gewiss nicht die ganze Speisekarte im Kopfe habe und doch auch erst mal gucken müsse. Vermutlich wird uns dieses Thema noch ein paar Minuten beschäftigen.

Samstag, 28. November 2015, 17:17 Uhr, Veganisierbar, Essen

Nach Minuten langem Anstarre der Eingangspforte öffnet diese sich endlich und hinein tritt ein kleinwüchsiger, mittelmäßig gelaunter junger Freund. Nein, es ist nicht der Postbote, der bereits kurz zuvor, verschämt auf den Boden guckend, draußen an uns vorbeigeschlurft ist. Es  ist tatsächlich Daniel. Ich ziehe mich behutsam und mit letzter Kraft am Thekenrand hoch und klettere wieder auf meinen Schemel. „Daniel, mein Freund, nehme bitte die Speisekarte und wähle geschwind!“ „Häh, wat?“ antwortet er. „Ich hab Dir doch heute Mittag schon geschrieben, dass ich das Tagesgericht nehme“. Verdammt, er hat recht.

Samstag, 28. November 2015, 17:38 Uhr, Veganisierbar, Essen

Blitze durchblitzen meinen stählernen Körper. Paprikarahmschnitzel, Pommes, Majo, Lebenskraft. Wooow! Dazu ein Astra. Danach noch ein Astra, dann eine Mate, dann noch ein Astra für unterwegs. So ist der Masterplan, der aufgehen wird.

Samstag, 28. November 2015, 19:59 Uhr, AZ Mülheim

Krass. Ich bin zwar noch immer arschmüde, aber ich kann mich bewegen. Mit jedem Bissen öffnete sich merklich eine Gehirnzelle mehr, um ihrer Aufnahmefähigkeit Ausdruck zu verleihen. Jaja, ich hätte nach drei Bissen fertig sein können, ich weiß. However. Nun starren wir mit den Notis und den LAK-Junx gebannt auf den Eingang. Die Wettzahlen hinsichtlich der zahlenden Besucher*innen bewegen sich zwischen neun und 28. Bisher ist der mit der einstelligen Zahl der klare Gewinner. 20 Uhr Konzertbeginn im AZ ist jetzt nicht sooo der Garant für ein ausverkauftes Haus. Doch leichte Konfusitäten hinsichtlich der Vorabplanung führten dazu, dass um 22 Uhr Platz für die anschließende Disco gemacht werden sollte. Leider stellt sich erst viel später raus, dass 23 Uhr auch gereicht hätte.

Samstag, 28. November 2015, 20:22 Uhr, AZ Mülheim

Ich blicke mich ständig um, um zu zählen. Aktuell sind sieben Zahlwillige und die LAK-Herren im Konzertraum. Den Notis scheint das nicht mal viel aus zu machen, denn die präsentieren uns einen weiteren fantastischen Auftritt. So bitterkalt es hier im Raume zu Beginn der Darbietung war, so wollig warm sind unsere Herzen inzwischen gedingst. Alleine Stemmis Ansagen und Mono- bis Dialoge mit Teilen des Publikums (der Teil, der aus Solingen kommt, ein junger Mann, der witzigerweise auch noch „Solingen“ heißt – so behauptet er zumindest) lassen die Kälte vergessen machen. Es folgt ein weiterer großartiger Auftritt mit einem – das habe selbst ich trotz meiner Lauscherproblematik gefühlt – verdammt fetten Sound. Hell yeah!

Samstag, 28. November 2015, 20:31 Uhr, AZ Mülheim

Sibbe, wenigstens das eine Textblatt hättest Du dem Stemmi dalassen können. Ich komme Eurer Verwirrtheit entgegen, liebe Leserinnern und Leser: Ex-NPP-Sänger Sibbe hatte immer einen Haufen Textblätter neben sich liegen, falls er mal eine Zeile vergisst. Zum Beispiel bei Songs wie „Hamburg Polizeistadt“, welcher wie folgt geht: „Hamburg Polizeistadt, Hamburg Polizeitstadt, Hamburg Polizeistadt, Hamburg Polizeistadt, Du weißt wir hassen Dich, Du weißt wir hassen Dich, Du weißt wir hassen Dich, aaahhh“. Plus drei weitere Wörter, die ich jetzt nicht hier aufführen möchte, um nicht ins Raster der Fahndung zu geraten. Worauf wollt ich doch gleich hinaus? Ach egal…

Samstag, 28. November 2015, 20:34 Uhr, AZ Mülheim

So sehr ich das hier zu genießen weiß, umso ärgerlicher ist es manchmal, wenn selbst unter zehn Leuten noch zwei Volltrottel sind. Stemmi kündigt an, dass es beim nächsten, einem neuen Song, um ein ernsteres Thema gehe. Und angesichts seiner sonst dauergrinsenden Gesichtszüge sollte eigentlich jeder kapieren, dass er das durchaus so meint, wie er es sagt. Und zwar gibt es beim FC St. Pauli seit einiger Zeit, nachdem es in Folge von Depressionen auch innerhalb der Fanszene einen Suizid gegeben hat, die Gruppe „St. Depri“, die Hilfsangebote für Betroffene anbietet. Eine super Sache. Doch kaum hat Stemmi „St. Depri“ ausgeprochen, lacht sich angesichts des Namens der erste Typ kaputt, während aus der anderen Ecke ein nur bedingt textsicheres „Blau und Weiß, ich liebe Dich!“ schallt. Es kommt nicht oft vor, dass ich Stemmi sprachlos sehe und anstatt zu antworten, macht er das einfach richtige und legt mit dem fantastischen Song los.

Samstag, 28. November 2015, 20:46 Uhr, AZ Mülheim

Die letzten 20 Sekunden des letzten NPP-Stücks des Abends. Wie erwartet stürmt exakt jetzt der aus Hamburg kommende Lars durch die Tür, kramt hektisch seine Videokamera aus dem Koffer, setzt zum Filmen an und schafft es tatsächlich dank einer Hochgeschwindigkeits-Meisterleistung den allerletzten, extra für ihn in die Länge gezogenen Akkord aufzufangen. Yeah!

Samstag, 28. November 2015, 21:14 Uhr, AZ Mülheim

Eine halbe Stunde später. Ich wage zu behaupten, dass die Notis durchaus nicht um Punkt 20 Uhr hätten beginnen müssen. Denn inzwischen trudelt auch das „hier geht eh nix vor 21-22 Uhr“-Publikum herein. Ein letzter nahezu AZ-kompatibler LAK-Linecheck in Form von „ich les Happy Weekend“ und dann geht´s auch gleich schon los.

Samstag, 28. November 2015, 21:33 Uhr, AZ Mülheim

Das Publikum hat sich mit Summierung der Minuten tatsächlich gut verdreifacht. Die Unterfranker – falls Mensch denn so sagt – die bei weitem nicht so böse sind, wie sie da oben auf der Bühne gucken, stoßen mit ihrem melodischen Punkrock im Publikum auf Gefallen. Um endlich mal den Sound ohne Ohrstöpsel genießen zu können, stelle ich mich derweil zu Daniel in die letzte Reihe. Kaum stehe ich da, macht er eine Handbewegung in meine Richtung um zum Ausdruck zu bringen „komm, wir gehen mal anne Theke“. „Hm“, denke ich. „Warum auch immer, folge ich mal seinen Worten“. Daniel geht vor und knallt mir zwei Sekunden später die Tür vor den Kopf.

Samstag, 28. November 2015, 21:34 Uhr, AZ Mülheim

Ich bin amüsiert: „Haha, Daniel. Voll witzig. Erst zeigste mir an, ‚komm wir gehen mal zur Theke‘, dann folge ich Dir und Du haust mir die Tür vorn Kopp. Hat das irgendeinen tieferen Sinn?“. „Nö“, antwortet Daniel. „Ich wusste gar nicht, dass Du hinter mir bist. Ich wollte Dir eigentlich nur mitteilen, dass ich nur mal eben kurz pinkeln gehe.“ Hört dieser Ost-West-Konflikt denn niemals auf?

Samstag, 28. November 2015, 22:41 Uhr, AZ Mülheim

Nach dem Gig hängen wir noch auf ein Bierchen an der Theke rum, dann erfolgt die große Verabschiedungsrunde. Die Notis sind uns dermaßen ans Herz gewachsen, dass es tatsächlich immer ein Stück traurig ist, wenn Mensch sich wieder für ein paar Wochen bis Monate trennt.

Zur Verabschiedung erläutert Lars noch kurz die Umstände seines späten Erscheinens: „Dieser scheiß HKX hatte schon scheiß Verspätung und der scheiß Schaffner hat auch genervt. Und dann war noch scheiß Fußball und der scheiß Zug voll mit scheiß Fußballfans.“ Soweit so nachvollziehbar. Vielleicht etwas zu viel Fäkalsprache, dennoch harke ich nach: „Fußballfans? Was denn für welche?“ Lars erwidert: „HSV“ und ich bin entzürnt: „Ey!! Dat heißt SCHEISS HSV!“

Ker, Ker, Ker, wennet drauf ankommt…

Samstag, 28. November 2015, 23:12 Uhr, Autobahn 40

Damit Lars hinsichtlich Prioritätsverteilungen nicht nochmal in Verlegenheit kommt, bringen wir ihn samt Kram noch flott um die Ecke. Trotz des mäßigen Zuspruchs und meiner nur bedingten körperlichen Fitness, ein wirklich schöner Abend. Merci pokuhr und hoffentlich bis ganz, ganz bald. Gute Nacht!


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