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PUNKROCK DIARY
51. Kalenderwoche 2015
Bloodstains, Inkasso Moskau, Anteanna
aka Die Shitlers
FZW Dortmund
Donnerstag, 17. Dezember 2015, 6:23 Uhr, Lohnabhängigkeitsplatz
Auf der Arbeit haben wir bis vor kurzem den Lokalsender gehört. Das ist jetzt natürlich alles andere als ein Nazisender, aber in Sachen Patriotismus, wenn es um das Kräftemessen in internationalen Sportwettkämpfen geht, hat das teilweise schon eine dermaßen ausgeprägte Qualität (sic!), dass ich es irgendwann nicht mehr ausgehalten habe. Unter dem Vorwand, dass ich angesichts der sich ständig wiederholenden Musikstücke der sich ständig wiederholenden Interpret*innen, kurz vor dem Zusammenbruch stehe, hören wir seit kurzem WDR 2. Die rasten nun nicht ganz so doll aus, wenn sie vom bevorstehenden Nationzusammenschweißenden Großkampfereignis Teutschland gegen Holland (0:8) berichten, sind in Sachen Liedauswahl allerdings auch nicht wirklich besser. Der Rest des Programms ist eher seichte Unterhaltung, als wissenschaftliches Gelaber, was ja nun auch nix schlimmes ist. Es gibt sicher eine Menge Medien, die deutlich besser geeignet sind, als das öffentlich-rechtliche Wort via 99,2 Megaherz, die teutsche Volxverdummung voran zu treiben. Und mit der Meinung bin ich offenbar nicht alleine, wie mir gerade beim Vorlesen einer E-Mail einer Hörerin durch die Moderatorin eindrucksvoll bestätigt wurde: „Ich höre WDR 2, weil es mir wichtig ist, dass ich jeden Tag etwas Neues dazu lerne.“ Auch wenn damit eigentlich nur das Erlenen einer weiteren Textzeile von Herbert Grönemeyers neusten Smasher im 24 Stunden-Rhythmus handeln kann, hat mich das irgendwie beeindruckt.
Donnerstag, 17. Dezember 2015, 15:59 Uhr, Residence Witten
Wie ich letztens mit Erschrecken festgestellt habe, ist keine 5 Minuten Fußweg von unserer Haustür entfernt ein total toller Wald. Wenn man da 30 Minuten durchlatscht und den Eichhörnchen lauscht – sofern Mensch dazu noch in der Lage ist – kommt man unweit des Hauptbahnhofes wieder raus. Dann nochmal 5 Minuten latschen und die Perplexität ist perfekt. Und ich dachte immer, ich wohne mitten in Witten. Von wegen. Da geh ich jetzt nochmal durch. Zum Hauptbahnhof. Geil!
Der Fö ist heute auch im FZW und sowas mit Mitveranstalter. Für den habe ich für sein nächstes komisches Bierschinken-Bla-Blubb-Festival im März (endlich mal mit tollen Bands: F*cking Angry und Notgemeinschaft Peter Pan! Den Rest interessiert eh kein Arsch) mal wieder Eintrittsbändchen untern Arm, die seine komische wichtige Security vermutlich wieder in den Müll wirft. Da ich ein böswilliger Mensch bin, habe ich die Bändchen in einen 5 cm dicken Briefumschlag getan, der bei Familie Fötus garantiert nicht durch den Briefkasten passt. Also 2,40 Porto druff und gib ihm. Natürlich könnte ich den Scheiß auch mit ins FZW schleppen und ihm persönlich übergeben. Und natürlich hätte auch ein 2 cm hoher Briefumschlag mit 1,45 Euro Frankierung gereicht. Aber dann müsste Morgen früh, ganz ganz früh, wenn der Fö noch seinen Rausch ausschlafen will, der Briefträger nicht bei ihm klingeln um ihn brutalst du wecken. Ich denk echt an alles. Geil!
Donnerstag, 17. Dezember 2015, 18:01 Uhr, FZW, Dortmund
Natürlich bin ich ausnahmsweise mal der erste Gast vor Ort. Gut, hol ich mir halt noch zwei Bier vom Büdchen, dann darf ich aber auch schon endlich rein. Ich kann´s auch kaum erwarten. Der Securitymann in Uniform am Eingang besticht durch die sorgfältige Ausübung seines Berufes in Form von Gründlichkeit. Bisher haben die Damen und Herren dort bestenfalls mal in einen Seesack geguckt, um zu verhindern, dass jemand sogenannte Fremdgetränke hinein schmuggelt. Heute sieht das aber anders aus. Zumindest bei mir. Trotz meiner mehrmaligen Nachfrage, ob das sein ernst sei, muss ich Handy, Kompaktfotoapparat, Feuerzeug, Stift, Aufkleber und meinen kleinen Ohrstöpselbehälter nach und nach aus der Jacke kramen. Als der Uniformierte zu der Erkenntnis kommt, dass sich in all diesen Gegenständen kein Fremdbier befindet, darf ich passieren. Gar nicht wahr: Erst muss ich noch einen Gegenstand dort lassen, bekomme dafür eine Nummer und werde später vergessen, ihn wieder abzuholen.
Donnerstag, 17. Dezember 2015, 18:11 Uhr, FZW, Dortmund
Ich hole mir ein großes Bier (halber Liter) und bezahle – festhalten – 5,10 Euro. Haha! Das ist selbst der Dame hinter dem Tresen sichtlich peinlich. Zwar flüstert sie entschuldigend hinzu, dass auf dem Einwegbecher tatsächlich auch 1 Euro Pfand sei, doch angesichts der aufgestellten Viva Con Aqua-Spendentonnen sind die 5,10 Euro im Endeffekt dann doch wieder Endpreis.
Donnerstag, 17. Dezember 2015, 18:14 Uhr, FZW, Dortmund
Bloodstains eröffnen den Abend vor zweistelliger Kulisse. Zweistellig zumindest, bis ich nach kurzer Zeit den Konzertsaal wieder verlasse und mir mit Fö die Zeit mit Hütchenspielertricks vertreibe. Denn zum Glück liegen überall Muscheln rum, die sich dafür hervorragend eignen. Diese sind nur leider unterschiedlich Groß und es befindet sich nur eine wirklich ausreichend große Muschel darunter, unter die man überhaupt eine Erbse bekommt. Mangels Erbse nehme ich einen Popel. Doch auch der findet leider auch nur unter dieser einen der drei auserkorenen Muscheln Platz. Angesichts dieser mangelnden alternativen Versteckmöglichkeit des Erbsenersatzes, erweist sich das Spiel nun nicht als besonders spannend. Aber immer noch spannender als die erste Band.
Donnerstag, 17. Dezember 2015, 19:02 Uhr, FZW, Dortmund
Zweite Band des Abends: Inkasso Moskau. Zwischen den Songs ist es so ruhig, dass Kiki tatsächlich zu mir flüstert. Als ich auf Grund seiner Äußerung laut loslachen muss, drehen sich alle um. Ich entschuldige mich.
Kiki sagt, das da sei Grindcore und wir kommen zu dem Entschluss, dass die erste Band gar nicht so schlecht war.
Donnerstag, 17. Dezember 2015, 19:08 Uhr, FZW, Dortmund
Ich heule rum, dass das Bier so teuer ist und bekomme eine Biermarke geschenkt. Bevor ich mich richtig freuen kann, nimmt Fö mir die weg und säuft sich in Rage. Du wirst Dich morgen früh noch wundern, mein Freund!
Ich stelle mich wieder zu Kiki, der inzwischen auf Maz, Veranstalter des Abends und super saugeiler Typ (das soll hier angesichts der bisherigen Zeilen dann doch mal deutlich herausgestellt werden), seinen Plattenstand aufpasst. Dazu gesellt sich ein Typ, der sich als Ersatz für Jochen, dem Kalauerkönig Number One, anbietet. Na dann mach mal:
Was ist weiß und kann fliegen?
Die Biene Majo.
Tätääää!
Was ist grün und fliegt über Polen?
Peter Panski!
Tätääää!
Naja, wer noch kein Jochen ist, kann ja noch einer werden. Aber immer noch spannender als die zweite Band.
Donnerstag, 17. Dezember 2015, 19:48 Uhr, FZW, Dortmund
Warum ich die ganze Zeit so krampfhaft versuche die Bands zu dissen, hat einen guten Grund. Und ich weiß, dass ich in der Hinsicht echt ´ne Niete bin. Bevorzuge ich doch sonst Umschreibungen wie „die Darbietung der ersten Bands entspricht leider nicht meinem persönlichen Geschmack, was die Leistung der Musikanten nicht schmälern soll, denn das was sie machen, machen sie bestimmt gut, ich kann es angesichts der Tatsache, dass dieses Genre nicht zu meinen bevorzugten gehört, jedoch leider nicht beurteilen“. Zugegeben, können andere deutlich besser dissen, aber aus irgendwelchen, mir selber nicht bekannten Gründen, fallen mir Umschreibungen wie „die sind so dermaßen scheiße, dass ich echt kotzen könnte, wenn mir dafür mein Mageninhalt nicht zu schade wäre“ wirklich schwer. Und darüber hinaus wäre das auch unfair, so etwas zu schreiben, nur weil die Darbietung der ersten Bands leider nicht meinem persönlichen Geschmack entspricht, was die Leistung der Musikanten nicht schmälern soll, denn das was sie machen, machen sie bestimmt gut, ich kann es angesichts der Tatsache, dass dieses Genre nicht zu meinen bevorzugten gehört, jedoch leider nicht beurteilen. Ach Mensch ey…
Womit wir beim Thema wären: Die Shitlers sollten als dritte Kombo auftreten, haben sich jedoch unmittelbar vor dem heutigen Tage aufgelöst. Irgendeiner muss deren Job ja machen, doch wie soeben bewiesen, bin ich dann doch nicht der richtige dafür. Ich war heute auch noch nicht online und kann daher leider nicht sagen, ob sie sich schon wieder reuriniert haben. Dass die Herren sich jedoch lieber – in welcher Chemikalie auch immer – auflösen, anstatt einem Konzert mit Fö´scher Beteiligung aktiv beizuwohnen, ist natürlich nachvollziehbar.
An dessen Stelle steht nun mit Antenna eine klassische Shitlers-Coverband auf der Bühne, die allerdings einen Hauch kryptischer daher kommt. Rotzdem: Wenn das mal nicht sogar die Shitlers selber sind. So nah habe ich mich dann aber auch wieder nicht rangetraut, um das mit dem bloßen Auge erfassen zu können.
Donnerstag, 17. Dezember 2015, 20:01 Uhr, FZW, Dortmund
Ich gehe mal kurz an die Luft und guck, wer da noch so rumschwirrt. Hoppla, hat da gerade jemand gerufen „Pommes, hier gibt es Pommes! Aber nicht mehr lange, wir machen gleich zu!“?
Gute Nacht!
Fotos und Bericht stehen unter einer Creative Commons Lizenz.
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Ihr findet alle Berichte seit Januar 2013 auch in unserer „Almanach“ und „Diary“-Buchreihe. Aktuell ist das „PUNKROCK DIARY Vol. 1“ mit den Berichten von Juli bis September 2015. Die nächste Ausgabe erscheint am 01.02.2016 (Berichte/Ticker von Dezember bis Dezember 2016). Mehr Infos dazu findet Ihr HIER. Erhältlich sind die Teile in unserem „Non Profit Mailorder“ (KLICK!) (sofern noch nicht ausverkauft).