03.11.23, 12. Spieltag, Waldstadion Kaiserlinde, Elversberg, 18:30 Uhr, 0:2 (0:2)
3 in a row am Arsch. "Wir werden alle nicht jünger" und die Liebsten um uns herum erst recht nicht, egal ob Mensch oder Katz. So fiel das Heimspiel gegen den KSC für uns aus doppeltem Grund genauso flach, wie das allerletzte Notis-Konzert im Störte. Und das for ever. Au man ey, was hatten wir uns darauf gefreut. Aber es gibt halt wichtigeres im Leben als Fußball & Punkrock.
Doch an diesem Wocheende sollte uns nichts aufhalten, wenn wir auch nicht mit dem beruhigendsten Gefühl im Gepäck gen Saarland aufbrachen und immer eine Hand am Vibrationsalarm unserer Handys hatten. Immerhin ließ der Stand der Dinge ein bitter nötiges kurzes Ausbrechen aus dem Alltag für ein Wochenende zu.
Da wir uns gerne eine Hand voll Auswärtsspiele für ganze Wochenendtrips rauspicken und die Ecke mit Saarbrücken auch durchaus eine Stadt hat, die sich zu besuchen lohnt, fiel die Wahl auf Aufsteiger Elversberg. Also das Internet ausgepackt (solange es noch funktioniert) und eine adäquate Übernachtungsmöglichkeit rausgepickt. So leicht dieses Unterfangen in Sandhausen (Heidelberg) und Darmstadt noch war, so ratlos blickte ich zunächst auf die Möglichkeiten bei Elversberg. Klar, Saarbrücken ist ne Option, aber auf dem ersten Blick jetzt auch nicht so optimopti mit Öffis nach dem Spiel zu erreichen. In Elversberg selber gab es exakt keine Unterkünfte, in Sulzbach - zwischen Elversberg und Saarbrücken - genau zwei, wovon uns eine reichte. Kann also losgehen.
Lost Places Sulzbach: Hätte ich sowas wie Heimatgefühle, wären sie sicher aufgekommen.
Immer wieder schön: Wie auch schon von Heidelberg nach Sandhausen, konnten wir vom tristen Sulzbach ins triste Elversberg idyllisch und wohltuend wandern. Fußballfankultur für angehende Senior:innen mit Hang zum Kontrast. Ca. 9km, superschöner Wald, ganz viele Pilze, aber da wir ja schon zum Punktesammeln hier sind (und uns zugegebenerweise auch das Wissen fehlt), beließen wir es beim begaffen dieser. Witzig. Naja, fast.
Ankunft Stadion wie gewohnt viel zu früh. Beeindruckend: Die Haupttribüne und die Landesstraße L112 trennt nur ein schmaler Bürger:innensteig.
Vom Taxi direkt auf die Haupttribüne: Architektonische Vollendung.
Ansonsten ist das Pharmakonzern-Stadion nach wie vor Baustelle und mit 10.150 Zuschauer:innen ausverkauft. Die aneinander getackerten Sitze der provisorischen Gäst:innentribüne erinnern an die Bestuhlung kleinstädtischer Stadthallen. Stickertechnisch merkt mensch, dass hier vor kurzem Hamburgs abgeschlagene Nr. 2 gespielt hat. Jetzt aber nicht mehr. So eine Verschwendung...
Block A2 "vorher".
Das Dach des Gäst:innenbereichs besteht aus einer Plane und dank ausreichend vieler Container war auch für Menschen mit schwacher Blase - aka icke - ein Besuch dieser möglich, ohne das halbe Spiel zu verpassen.
Nicht schön, aber praktisch: Resträume und Gäst:innentribüne.
Kommen wir endlich zum Wesentlichen:
Die Stadionbeschallung: Die Musik schwankte zwischen schwer erträglich und erträglich. Also nix neues. Immerhin wurden weder die Onkelz noch die grausame Tormusik gespielt. Für unsere Defensive war es garantiert ein zusätzlicher Motivationsfaktor, diese Grausamkeit zu verhindern. Auch Stadionbeschallung, aber hallo: Der Stadionsprecher. Der war genauso fürchterlich laut wie aufrichtig freundlich in unsere Richtung, wie mensch es auch nicht immer erlebt. Beeindruckend auch, dass er es schaffte, von der ersten Silbe bis zur Verabschiedung (inkl. Auswechslungen kurz vor Schluss) in einer euphorischen Tonlage das Limit der Stadionboxen auszureizen, als würde der SVE gerade 12:0 gegen die Bayern gewinnen. Als Einlaufmusik gibt es übrigens immerhin ein Hells Bells Light: Thunderstruck.
Auf Grund der Sanktpaulischen Verhinderungstaktik und der ausgesprochenen Freundlichkeit können wir hier in der Summe eine glatte 3 vergeben.
Wie sie sehen, hören sie (noch) nichts.
Die eigenen Reihen: Die gute Stimmung auf unseren offiziellen Stehplätzen schwappte leider nur wenige Spalten in den Sitzplatzbereich aka inoffizielle Stehplätze rüber. In unserer Ecke nahe der Eckfahne lag der Anteil der Supportwilligen bei gefühlt 30%, uns natürlich eingschlossen.
Sprechen wir also direkt mal über Dinge, die ich ganz persönlich so gar nicht in unserem Block (noch sonstwo) brauche: 1. Echtpelzkragen in der Reihe vor mir. 2. Teutschland-Sitzkissen (die eigentlich Beutel waren, ändert aber nix an den hässlichen Farben, zumindest solange gelb dabei ist). 3. Menschen mit einheitlichen "Pauli liebt SVE"-Sweatshirts ("liebt" natürlich in Form eines roten Herzens und darunter das SVE-Logo. Immerhin fehlte das "Sankt" um das Gesamtkunstwerk perfekt zu machen). Schüttel. Das ist wie ein schlechter Junggesellenabschied und hinterlässt mich ein Stück ratlos. Wie gut, dass mich unsere Akteure auf dem Rasen schon schnell abzulenken wussten.
Eieieieiei...
Denn das war einmal mehr beeindruckend. Was machen die da? Wie machen die das? Und wann hören die mal damit auf. Ich hoffe nie! Ich bin ja nach wie vor fest davon überzeugt, dass unser Trainer einen extrem großen Anteil an diesem Erfolg hat, auch wenn manch ewig Schulligen es noch immer schaffen, den Erfolg nahezu alleine auf das Spielermaterial zu schieben. Von diesem hat uns Jojo mit einem überlegten Kopfball und Hartel mit einem fantastischen Gebolz jubeln lassen. Alles weitere zum Thema Sport entnehmen sie bitte wie immer den Fachmagazinen. Das muss ich ja jetzt nicht alles wiederholen. Und wenn sie es noch genauer wissen wollen, fragen sie bitte Tim vom Millernton.
Animation: Es ist ja immer wieder beeindruckend, was sich (andere) Vereine so als Halbzeit-Animationsgedöns ausdenken. Hier und heute: Kanonen, mit denen Trikots in die Zuschauer:innenmengen geschossen werden, wenn diese laut genug Alarm machen. Das machen dann auch zahlreiche Zuschauer:innen, wie sie es vermutlich noch nie während der Spielzeit gemacht haben. Wer braucht da noch All Inclusive-Urlaube.
Organisatorisches: Ja, das war bis hier teils natürlich ein wenig zynisch, aber jetzt kommt das Entscheidende, nämlich ein dicker Karton voller Lob. Denn was der Stadionsprecher an Freundlichkeit vorgelebt hat, erleben wir hier auch in ganz vielen anderen Bereichen. Ordner:innendienst: Absolut entspannt. Getränkestände: Läuft super, keine maßlose Überfüllung und nettes Personal. Und selbst die Bediensteten der Verkehrsunternehmen überraschen durch ihre ausgeprägte Hilfsbereitschaft, so dass wir am Ende nicht auf irgendeinem fernen P+R-Parkplatz stranden, sondern von einem Bus, der bereits abfährt, nachdem alle Sitzplätze plus ganz wenige der Stehplätze belegt sind (anstatt wie üblich, bis er überquillt), zu irgendeinem Bahnhof gebracht werden (Elversberg hat keinen eigenen). So gibt es neben dem P+R-Shuttlebus zwei weitere mit unterschiedlichen Zielen: Einmal Bahnhof St. Ingbert und einmal Bahnhof Neunkirchen, von welchem wir dann auch gut per Regionalbahn zurück ins nahezu malerische Sulzbach kommen. Zumindest das, was wir hier wahrnehmen konnten, verdient in der Summe den Daumen ganz gerade nach oben. Danke dafür, Elversberg!
Ist etwa auch Sulzbach ein Penis (Suchspiel!)? Eigentlich nicht.
Den Folgetag verbringen wir noch in Saarbrücken und im Regen. Gleichzeitig. Beides in knapp 20 Minuten von Sulzbach mit dem Zug zu erreichen. Und (natürlich nicht nur) auf Grund besagter Wetterhältnisse gibt es hier noch zwei kulinarische Tipps für die Veganer:innen unter euch: 1. Lilli´s Kuchenwerkstatt. Tolle vegane Auswahl an Kuchen und Torten, die verdammt gut schmecken.
Seitdem ich weiß, dass Fotos von Speisen das Internet zerstören können, versuche ich mein Bestes.
2. Nicht bei Happy Cow zu finden, aber trotzdem mit leckerem veganen Burger und selbstgemachten Pommes: Wallys Irish Pub. Wir haben sogar schon gegen 13 Uhr und damit deutlich vor der Öffnung der Küche (eigentlich 16 Uhr) was Essbares zu unserem schmackhaften Kilkenny und Karlsberg Ur-Pils bekommen.
Vielleicht klappt es ja jetzt.
Ach ja, auch auffällig: Da, wo viele 1.FC Saarbrücken-Aufkleber zu finden sind, sind auch viele Antifa- und ähnliche Sticker zu finden. Ich bin ja bei dem Thema "wie tickt welche Fanszene" nicht mehr so drin, aber das habe ich zumindest mit Wohlgefallen registriert. Ob das jetzt repräsentativ ist, weiß ich natürlich nicht.
Wenn sich das in der Summe jetzt so anhört, als habe sich die Fahrt durch und durch gelohnt: Stimmt. Gute Nacht!