10.03.24, 25. Spieltag, Millerntor-Stadion, 13:30 Uhr, 2:0 (2:0)
Erkenntnisse eines Heimspiels:
- Es gehen auch mal 2 x 400km ohne Stau. Naja, FAST ohne Stau.
- Die frühkindliche Erziehung in Hamburg orientiert sich tatsächlich noch an den Lebenswelten der Kids (natürlich habe ich auch noch andere Assoziationen auf Grund dieses äh... Dinosauriers?).
- Ich habe derzeit sehr große Erinnerungslücken. Doch beim Fußball scheint das irgendwie noch alles zu funktionieren. Am Freitag leisten wir den 1. Alten Herren gegen Glashütte trotz der Kälte seelischen Beistand. Am Ende des Spiels bin ich unter uns 6 Personen die einzige, die das Endresultat richtig zusammen bekommt: 3:3! Auch wenn andere in unserer Reihe behaupten, es sei 2:3 oder 4:3 ausgegangen. Spieler beider Teams und Schiedsrichter sehen es offenbar auch so wie ich. Ich sach nur Mathe LK! Wenn´s auch gefühlte 100 Jahre her ist.
- Die Soli-Klamotten der Blocknachbar:innen zu Gunsten unserer abgeZOOckten GAS-Freund:innen sind "in echt" noch schöner, als auf den Bildern. Danke für euren solidarischen Einsatz! Darauf trinken wir einen Tag vor dem Spiel 2-3 Getränke im Tiefgang.
- Heute ist erstmalig das Awareness-Team im Einsatz. Das feiern wir ab. Passend dazu die großartige Choreo ("Ultra' has no gender") samt späterem Spruchband auf der Süd ("Gegen das Konstrukt von Gender und Nation. Für die feminstische Revolution."). Die Abfeierei potenziert sich.
- Mit Kids im Kleinkindalter ist der Aufenthalt auf der Nord, 8 Plätze neben dem Hertha-Block wirklich nicht geeignet. Dass da viel Rauch aufkommt und die Äuglein nicht nur tränen, sondern Tränen kullern, dürfte doch vorher klar sein.
- Ja, Nord Sitz, genau. Wir haben im Mitgliederverkauf leider nur noch N4-Karten bekommen, mussten es dafür aber immerhin auch dieses Mal (noch) nicht über den Fanladen versuchen. Doch gefühlt ticken die Uhren im Ticketonlineshop von Spiel zu Spiel schneller.
- So sind auch unsere Sitze, Platznummern 6+X neben dem Herthablock, eher uncool. Die Blocktrennung bei ausverkauftem Gäst:innenbereich ist ja wirkich ein Witz: niedriger Zaun, hohes Netz, 2 Reihen Sitze mit Flatterband abgesperrt und dazwischen ein paar wenige Ordner:innen. Macht für den ersten besetzten Platz in unserer Reihe ca. 2-3 Meter Abstand zum ersten Gast. Zum Glück waren die Herthaner auf unserer Höhe halbwegs (die Betonung liegt auf "halbwegs") entspannt, was die Kommunikation in unsere Richtung angeht. Zwar inhaltlich mäh, aber immerhin nicht mega aggro in unsere Richtung (und wir haben die verbalen "Kontaktaufnahmen" halt ignoriert, das war zumindest im Sinne unseres Ziels erfolgreich). Zwar auch ein paar sehr uncoole Menschen, ein paar Meter dahinter, die tatsächlich ganz kurz den Arm hoben (zwei Personen) und bei Antifa Hooligan mit ein paar weiteren total steil gingen. Ansonsten (!) aber eher im so gerade noch hinnehmbaren Bereich. Dass das häufig auch anders ist (an die viel besagten fliegenden Pissbecher gar nicht erst zu denken), kann ich mir gut vorstellen und meiner Meinung nach sind diese Verhältnisse auch echt eine Zumutung für die nah sitzenden Personen in N4.
- Fraglich, wie es eine Gruppe von 10 Herthaner:innen ein paar Reihen unter uns + 5 weitere über uns, in unseren Block schafften. Wie kommen die an Karten für N4? Und dann auch noch so viele und offenbar zusammenhängend? Wovon die unteren 10 auch noch durchgehend standen. Im away-Block kein Thema, in unserem Heim-Sitzblock allerdings mächtig scheiße. Es gibt halt auch Menschen, die aus gesundheitlichen Gründen sitzen müssen und zumindest in den Heimblöcken, abseits der Singing-Area, sollte das auch gewährleistet sein. Auch wenn wir von der Sichteinnahme nicht betroffen waren (da wir deutlich höher saßen), bleibt die Frage, warum die daneben stehenden Ordner:innen bei den klar als Gästefans erkennbaren Personen nicht zumindest einmal versucht haben, diese zum hinsetzen zu bewegen.
- Das viel diskutierte Netz: Wo wir zwansläufig gesessen haben, verlief auch die Senkrechte des Netzes für die Trennung zwischen Gästeblock und Heim-Nord im unteren Stehbereich. Das heißt, wir gucken nicht nur an einer Stelle durch das Netz, sondern haben auch etliche Meter Netz "hintereinander" vor den Augen. Das ist wie eine dicke Falte, die mindestens eine so große Sichtbeschränkung bedeutet, wie so ein Pfeiler. Das ist wirklich scheiße, aber an der Stelle vermutlich auch unvermeidbar, wenn mensch zumindest einen Schutz vor geschmissenen Gegenständen haben möchte. Das Ballfangnetz als solches ist zwar auch uncool, das habe ich bei aller Einschränkung allerdings wohl irgendwann ausgeblendet. Diese dicke "Falte", da wo mensch quasi von oben auf die Senktrechte glotzt, ist hingegen dauerhaft nervig. Wenn mensch dann noch unmittelbar neben eher uncoolen Gästen hockt, muss das Spiel schon extrem positiv verlaufen, damit das Stadionerlebnis am Ende nicht das totale Desaster ist. Entsprechend froh waren wir, dass das auf dem Platz eine echte "Meisterleistung" unseres Teams war.
- Da wir in den letzten 25 Jahren (oder mehr?) keinen offiziellen Fanclub mehr hatten, brauchten wir auch keine Zaunfahne. Jetzt wieder Fanclub, also wieder Zaunfahne. Ich kann mich nicht entsinnen, dass das vor 25 (?) Jahren auch so kompliziert war und erinnere mich da eher an so ein stillschweigendes "wer zuerst da ist, fängt an einer Seite an und dann geht´s halt immer so weiter"-Prinzip. Dass auf der Süd hinterm Tor das USP-Banner gehört, würde ich nie in Frage stellen. Aber was uns da auf der Nord erwartete, wo aus meiner Erinnerung heraus in erster Linie deutliche kleinere Banner gereiht sind, sprengt dann doch alle Erwartungen.
Wir haben das Teilchen gerade mühsam aufgehängt, da kommt die erste Person auf uns zu:
A: "Hier hängen die XY" (gemeint ist das Zaunbanner eines Fanclubs).
Ich: "OK, unser Lappen ist ja nur Einsfuffzich. Ist ja sicher kein Problem, wenn´s daneben hängt."
A: "Nee, das geht nicht. Hier hängen die XY".
2. Versuch, 10-15 Meter weiter. Als das Teilchen halb hängt meldet sich ein weiterer Gesprächspartner zu Wort:
B: "Das geht so nicht, hier kommen gleich die YZ hin."
Ich: "Au man ey, ihr mit eurem Reviergehabe..."
B: "Ja, was soll ich jetzt dazu sagen?"
Ich: "Ja, nix."
3. Versuch, weitere 20 Meter weiter, unser Teil noch in der Hand, nächster Diskussionspartner, gefühlt den Platz bereits bewachend:
C: "Hier kommen die YX hin. Und daben die ZYX."
Ich: "Wo bitte hört euer Revier denn hier auf?"
Keine Antwort, muss ich halt selber weiter probieren. Kurz vor der Eckfahne scheint es dann ok zu sein. Zumindest kommt niemand angerannt oder bewacht den Platz nicht eh schon.
Es entwickelt sich nach erfolgreichem Hissen dennoch eine Diskussion mit C, in der ich ihn frage, was denn wäre, wenn da ein Jungspund daher käme, der offenbar eher neu ist und wir ja froh sein müssten, wenn in unsere veraltete Fanszene mal etwas Nachwuchs käme. Ich bin das ganz sicher nicht, aber natürlich hätte die Reaktion (bzw. Aktion) meiner (am Ende tatsächlich mehr als drei) Gesprächspartner natürlich nicht anders ausgesehen. Als Antwort bekomme ich zunächst die Gegenfrage, ob ich denn überhaupt immer in der Nord wäre (nein, ich bin mal hier mal da, je nachdem, wofür wir Karten bekommen haben) und dann fliegen erwartbare Floskeln wie "ungeschriebenes Gesetz". Und die nicht rührende Geschichte von seinem ersten Besuch: Als jemand, nachdem er damals längst einen Platz eingenommen hatte, auf ihn zukam und ihn wegschickte, da die andere Person dort halt immer stünde. Und das habe er selbstverständlich so respektiert. Und das war halt schon immer so und jeder habe hier halt seinen Platz. Puh... ich bin geneigt zu schreiben: "Dauerkartenneuvergabe jetzt!" Bevor irgendwann alle tot sind und das halbe Stadion leer.
Bis dahin in Nürnberg. Gute Nacht!