30.08.24, 2. Spieltag, Alte Försterei, 20:30 Uhr, 1:0 (1:0)

So, noch flott den Blutspenderausweis aus dem Portomannaie genommen und dann kann´s auch schon losgehen: Erstversuch in Sachen Flixtrain und ja, es war ok. Nicht mehr, aber dafür beinahe weniger. Zumindest die Hinfahrt. Die Rückfahrt hingegen eine Vollkatastrophe. Dazu am Ende mehr.

Ich versuche mich heute mal etwas kürzer zu halten und wie gewohnt all das, was ihr schon beim Millernton oder Kicker gelesen habt, nicht zu wiederholen. Dafür wie gehabt nahezu ausschließlich subjektives Zeug.

Wir sind wie gewohnt früh im Stadionumfeld unterwegs und flanieren noch ein wenig durch die wenig pralle Köpenicker City. Ich dachte ja immer, dass das Unioner Fanspektrum noch breiter gefächert ist, als das unsrige. Also nicht nur Punks und Banker, sondern auch noch politisch eher konträr zu uns stehende Gestalten. Entsprechend dachte ich auch, dass unsereiner, sofern - wie wir - noch im fußballignorierendem Zivil unterwex, in diesem Wirrwarr gar nicht erst auffällt. Aber Pustekuchen! Der hohe Anteil an bösen Blicken war nicht zu ignorieren und bevor wir den Bürger*innensteig nun auch noch ein drittes Mal beanspruchen, machen wir uns lieber 3 Stunden vor Spielbeginn auf in Richtung Alte Försterei.

Der Einlass: Locker flockig, zumindest aus unserer Sicht als eine der Erstreingelassenen. Die Ordner*innen: Entspannt. Die Cops: Ja, Cops halt, aber immerhin nicht nerviger, als durch ihre pure Anwesenheit ja eh schon garantiert. Auch hier gilt: Zum Zeitpunkt unseres persönlichen zwangsläufigen Nahkontaktes. Abseits der Köpenicker Flaniermeile also alles so weit, so erträglich.

Die Stadionbeschallung: Musikalisch dürfen hier höhere Maßstäbe angesetzt werden, als wir es vermutlich in Sinsheim tun werden. Und diese werden unter anderem mit dem "Schunder Song" von Die Ärzte nicht gerissen. Auch wenn wir stattdessen bei "Schrei nach Liebe" zwei Sterne mehr gegeben hätten.

Die Unioner*innen genießen ja nach wie vor ein großes Sonderprivileg, so dass es keine Gäst*innen-Sitzplatzkarten gibt. Kein Grund zum Neid, garantiert uns das doch ein geiles, kleines Fußballstadion mit überwiegend Stehplätzen, entsprechender Atmosphäre und (Stadionunabhängig) cooler Union-Choreo. Auf der anderen Seite natürlich das Manko: Es gibt nur 2.400 Karten für uns (immerhin etwas mehr als die üblichen 10%, nämlich 10,9%) und zwangsläufig stehen hier FCSP-Fans im Block Z zusammen, die sonst nicht so häufig räumlich so nah zusammenkommen.

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Ich bin bei aller Intoleranz ja trotz meiner persönlichen Fußball-, Fan- und Support-Vorlieben der Ansicht, dass jeder Mensch im Block sich so einbringen kann oder soll, wie er es will. Solange supportunwilliger mensch dabei nicht meint, sich unbedingt dahin stellen zu müssen, wo Support am größten geschrieben wird. Selbst die Gang unter mir, die den Stadionbesuch offensichtlich mit ihrem ausgedehnten Wochenend-Picknick verbindet und auf Grund überwiegend gefüllter Münder gar nicht zum supporten kommt: Geschenkt, muss ich nicht geil finden, aber hier ganz außen in der vorletzten Reihe, könnt ihr euren Lieblingsbeschäftigungen meinetwegen ausgiebig fröhnen und sie verschmelzen lassen.

Es gibt aber auch Dinge, wo mir andere Gedanken durch den Kopf schießen. OK, ich bin ja selber ziemlich eigen, was das alles angeht: Ich habe tatsächlich am liebsten 90+X Minuten freien Blick aufs Feld und supporte dennoch lauthals mit. Auf der anderen Seite finde ich aber auch geil, wenn Support entsprechend optisch untermalt wird. Und wenn die räumlichen Gegebenheit so sind wie hier, kann ich halt nicht unbedingt beides haben. Komm ich klar drauf. Doch wenn unweit von mir schon 90 Minuten vor dem Anstoß, wo noch nicht eine einzige Fahne in den Block getragen wurde, schon die Nörgelei losgeht, dass man heute ja wegen den ganzen Fahnen nix sehen wird, trennen uns dann doch trotz dieser einen Gemeinsamkeit offenbar Welten. Spätestens, wenn der ganze Block steil geht und sich die Seele aus dem Hals supportet, und so eine Person noch immer so schaut, als hätte man uns gerade die Lizenz für die ersten 8 Ligen entzogen, frage ich mich dann doch, ob es nicht mehr Sinn macht, wenn mensch einfach zu Hause bleibt oder das Spiel in der Kneipe schaut. Spaß kann einem das doch bei der Dauernörgelei und dem durchgängigen angepissten Gesichtsausdruck nicht wirklich machen.

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Insgesamt war die Stimmung aus unserer Sicht dennoch mal wieder großartig, auch wenn eben hier oben/außen der Supportwilligenanteil bei deutlich unter 100% lag. Und da damit ja eigentlich schon alles primäre geklärt ist, lenke ich jetzt noch ganz kurz zum subjektiven Spielempfinden über:

Ich fand uns gar nicht sooo harmlos, wie ich hinterher hier und da gelesen habe. Ja, die ganz klaren Chancen fehlten vielleicht, aber es fehlte eben auch nicht wirklich viel dahin. Es waren viele "vorletzte Momente", die vielversprechend waren. Ein letzter Pass, der nicht angekommen ist und dann wären es 90%ige gewesen. OK, vermutlich habe ich mir auf Grund der Sichteinschränkung ein paar Szenen auch einfach so zu Ende gedacht, wie ich sie mir heimlich gewünscht habe. Minus Torerfolg halt (sonst wäre meine Reaktion auch unangemessen gewesen).

Als Hollerbach dann das 1:0 erzielt, war ich allerdings schon ziemlich angepisst, da ich bereits bei zwei Ecken zuvor innerlich rumgetobt habe, da exakt an gleicher Stelle (naher Rückraum) ein Unioner blitzeblank stand. Oder der jeweilige Gegenspieler war halt verdeckt, kann auch sein.

Irgendwann dann der Schlusspfiff und trotz des Frustes wird unser Team zu recht mit Applaus und Gesängen in die Kabine begleitet. Für mich war das weit von schlecht, weit von hoffnungslos und die Stimmung in unseren Reihen war größtenteils von einem "wir packen das alle zusammen" geprägt. Naja, Ausnahme bestätigt halt die Regel.

Da wir wenig Bock haben, uns am Köpenicker Bahnhof in die S-Bahn zu quetschen und wir die ganzen Emotionen eh noch durch einen kleinen Fußmarsch verarbeiten wollen, latschen wir einfach eine S-Bahn-Haltestelle weiter. Sprich in die entgegengesetzte Richtung, so dass wir dort mit geschätzt 30 weiteren Stadionbesucher*innen 30-40 Minuten später in eine fast leere S-Bahn steigen, bevor in Köpenick die Massen reinströmen. Am Ostbahnhof angekommen war die Bahn schon fast wieder leer. Von dort dann ab zum Pennplatz, bevor es zurück dahin geht, wo wir wegkommen.

Ich denke damit ist auch alles gesagt, sorry, geschrieben. Alles nicht Wahrgenommene sind die bösen Ultras mit ihren noch böseren Fahnen Schuld. Ich bitte freundlichst die Ironie zu verstehen, aka: Danke für euren Einsatz und den geilen Support! Es war uns trotz der Niederlage ein Fest. Gute Nacht!

 

Nachtrag: Die Rückfahrt - nicht so cool

Ich hatte es oben ja bereits angekündigt. Am Ende kamen wir mit 118 Minuten Verspätung am Ausgangspunkt unserer Reise an. Und damit 2 Minuten "zu früh" (sic!), um 50% Rückerstattung anfordern zu können. So wurden aus ca. 4:20h insgesamt 6:20h. Dazu ein Defekt an unserem Waggon, so dass durchgehend großer Krach zusätzlich nervte (Umzug in andere Waggons war nicht möglich, weil der Zug voll war). Als wenn das nicht reichen würde, ließen sich nicht alle Fenster öffnen, trotz sicher weit über 40 Grad im Waggon (ich kenne das vom Dachboden, wo ich mal 47 Grad gemessen habe und das war vergleichbar). Zumindest bei uns im Waggon gab es dann auch eine Person, die kurz vorm Zusammenbruch stand (für diese wurde jedenfalls der Zugbegleiter gerufen, der sie dann mit Wasser versorgte).

Immerhin entschloss Flixtrain sich wegen der großen Hitze dafür, einen außerplanmäßigen Halt von 20 Minuten einzulegen, damit sich die Leute mit Getränken versorgen können. OK, waren nicht wirklich alle begeistert von, weil die Verzögerung eh schon massiv war. Leider gab es keinen Kiosk in unmittelbarer Nähe, so dass sich die Leute am Gleis an einem Getränkeautomat tummelten. Ich glaube nicht, dass die sich innerhalb der 20 Minuten wirklich alle versorgen konnten, zumal es plötzlich hieß "alle einsteigen, in 2 Minuten geht es weiter". Da lag schon der Verdacht in der Luft, dass man unbedingt noch die 120 Minuten Verspätung verhindern wollte.

Dass das W-LAN auf Hin-/Rückfahrt nicht funktionierte, ist da eher nebensächlich, aber trotzdem uncool, weil Flixtrain ja auch damit wirbt. Ach ja: Die Aufladesteckdosen waren auch hinüber, bzw. nicht genug Saft drauf, damit sich überhaupt etwas tat, außer der Erhaltung des aktuellen Akkustandes. Als der Zug dann bei seinem unplanmäßigen Halt stand, da funzte das mit der Aufladung. Als der Zug wieder "angeworfen" wurde, ging wieder nix. Das sind halt auch diese Uralt-DB-Züge mit den manuellen, schweren und schmalen Türen.

Der Zug sollte ursprünglich gegen 12 Uhr in Berlin abfahren, fuhr dann 40 Minuten später ab. Dazu kamen dann nochmal 78 Minuten Verzögerung auf dem Weg. Zusätzlicher Witz: Um 15:24 Uhr (!) bekam ich eine E-Mail von Flixbus/-train mit folgendem Inhalt:

 

Wir müssen Dir leider mitteilen, dass sich Deine Abfahrt (...) stark verspätet. Den aktuellen Status kannst Du jederzeit hier einsehen.

Gemäß der EU-Verordnung über Fahrgastrechte, hast Du bei Verspätungen dieser Länge folgende Rechte:

• Wähle eine alternative Fahrt zum Zielort (FlixTrain), ohne Zusatzkosten, oder

• Erhalte eine vollständige Geldrückerstattung oder einen Gutschein im Wert Deines Ticketpreises, in nur wenigen Schritten online.Natürlich kannst Du die aktuelle Fahrt antreten. Wenn Du Dich dafür entscheidest, steht Dir keine Rückerstattung zu. Wir möchten Dich nur über Deine Fahrgastrechte in dieser Situation informieren.

 

Die E-Mail kam natürlich viel zu spät. Außerdem fehlen da wichtige Punkte, nämlich, dass wenn ich die Fahrt doch antrete und 60-119 Minuten zu spät am Zielbahnhof ankomme, ich (außer unter bestimmten Ausschlusskritierien) 25% Rückerstattung anfordern kann und ab 120 Minuten 50%.

Klar, kann alles auch mit der DB passieren, die sich auch nicht gerade mit Ruhm beschleckert. Aber das war schon extrem uncool mit den alten Dingern und den Begebenheiten. Wir hätten rechtlich wohl auch auf DB wechseln können, das wäre am Ende aber mit viel Aufwand verbunden gewesen (Vorkasse, dann alles von Flixtrain anfordern etc.). Bei einfacher Aufhebung der Zugbindung (wenn mensch innerhalb der DB reist), dürfte das wesentlich leichter sein.

Ich hab echt erstmal die Schnauze voll von Zügen, zumal es ja auch nicht meine erste schlechte Erfahrung ist (die meisten anderen hatte ich allerdings innerhalb des ÖPNV).