Seit Bestehen der eingleisigen 3. Liga und dem Wegfall des 4. Abstiegsplatzes, reichen - so sagt der alberne Volksmund - auch in der 2. Bundesliga 40 Punkte zum Klassenerhalt. Das stimmt aber auch nur deswegen, weil Erzgebirge Aue in der Saison 2017/18 in der Relegation gegen den Karlsruher SC erfolgreich war (0:0 und 3:1). Zuvor hatten die Sachsen mit den berühmt berüchtigten 40 Punkten lediglich Platz 16 in der Abschlusstabelle belegt und hätten damit beinahe den Volksmund Lügen gestraft. Verdient hätte er es ja.

Ein Blick auf die tagesaktuelle Zweitligatabelle lässt da aufatmen. Gönnen wir uns noch einen "irgendwann hat alles mal ein Ende"- und einen ganz persönlichen Pessimisten-Puffer-Punkt und so wären wir bei 42 Punkten, die reichen müssten. Acht Spieltage vor Ende der Saison sind wir bereits 12 Punkte über diesem, meinem ganz persönlichen, alljährlichen Saisonziel. Ganz egal, was die Expert:innen sagen, was sich der Rest der Fanlandschaft erhofft und was der Marktwert der Springer-Tochter behauptet. "Nie mehr 3.Liga!", das ist alles was ich will.

Jahre lang wurde ich dafür ungläubig angeguckt, wenn nicht gar angemacht. Für meine "ich will gar nicht mehr"-Einstellung. Denn eins haben mir die inzwischen über 30 Jahre FCSP-Fansein und (nicht ganz so lange) Mitgliedschaft gelehrt: Je mehr Erfolg wir hatten, umso mehr Arschlöcher kamen zu den Spielen und umso schwieriger - logisch - war es, Karten zu bekommen. Der Anteil derjenigen, der diesen Verein ausmacht, der seine Werte mit Leidenschaft, Engagement und Aktivismus lebt, wird jedes Mal geringer. Zum Glück nicht in absoluten, aber in relativen Zahlen. Äußerungen im Stadion, die ich - egal wo wir spielen - in unseren Reihen nicht erleben will, steigen auch mit dem sportlichen Erfolg. Wir werden einfach auch für Arschgeigen interessanter. Und selbst wenn die sich Antifaschismus auf die Fahne schreiben, zitiere ich hier gerne Marcus W.: "All die hohen Ideale retten dich nicht davor, ein Arsch zu sein!"

Antifaschismus ist für mich schon lange nicht mehr der kleinste gemeinsame Nenner. Die Uhren sind längst weiter gelaufen, es gibt viel mehr Themen, die wichtig sind. Die 80er sind lange vorbei. Antifaschismus ist die Selbstverständlichkeit, die ich alleine stehend schon lange nicht mehr als ausreichenden Konsens für ein thekentaugliches Miteinander betrachte. Und diese Maßstäbe lege ich auch für ein FCSP-Umfeld an: Homophobie, Transphobie, Sexismus, Antisemitismus etc. sind allesamt No Gos. Sich dagegen zu positionieren, sich einzumischen und unsere Szene möglichst frei davon zu halten, sind für mich unumstößliche Grundpfeiler. FLINTA* sichtbarer zu machen und dafür als CIS-Dude auch mal ein paar Schritte zurück zu gehen, sind Entwicklungen - auch in unserer Fanszene - die ich als alter weißer Mann durch und durch begrüße.

Der Kampf wird natürlich auch heute schon im Stadion geführt. Ob Liga 1, 2 oder 3: Nicht jede:r FCSP-Sympathisant:in hält die generelle Antidiskriminierungsfahne hoch. "Der Schiri, die Schwuchtel" und wenn mal eine der 4 Offiziellen weiblich gelesen ist, ist irgendwo auch ein Herd-Spruch im Stadion zu vernehmen. Besser wird das mit einem Aufstieg wohl kaum.

Rotzalledem: Jetzt noch sportlich abkacken und den Sprung nicht hinzukriegen, würde mir - bei aller Vorliebe für Liga 2 - auch zu schaffen machen. Ich bin neben all dem sozialen und politischen Bewusstsein und Engagement eben auch Fußballfan, Fan und Mitglied des FC St. Pauli und somit auch für den sportlichen Erfolg hier. Die, die mit uns ein Problem haben, zuküftig auch im sogenannten Oberhaus zu nerven, steht auf der Agenda. Der "Liga 2 reicht doch völlig aus"-Zeitpunkt ist hinsichtlich der Tabellensituation längst überschritten - auch bei mir. Natürlich will auch ich jetzt aufsteigen und hoffe, dass sich das Auslaufen lassen meiner damaligen Regionalliga-Dauerkarte nicht noch weiter rächt, als es schon in den letzten Jahren, insbesondere den letzten Monaten, der Fall war.

Also ab nach oben und gegen den Arschlochanteil, der trotzdem nach wie vor bei uns mit Abstand der geringste in den teutschen Ligen 1 bis 3 sein wird, weiter eng zusammenstehen und Präsenz zeigen! Für einen FC St. Pauli, der gegen jede Art von Diskriminierung steht! Ich müsste lügen, wenn ich behaupten würde, dass ich mich nicht doch irgendwie auf´s Oberhaus freue.

"Spielst ganz woanders, in Liga 2" am Arsch! Basta!

m.