Sabrina Wittmann. Sagt euch nichts? Sabrina Wittmann ist die erste Trainerin im teutschen Herren Profifußball und hatte gestern (5.5.24) mit dem FC Ingolstadt ihren ersten Einsatz in der Coachingzone des Drittligisten. Durch ein Tor in der Nachspielzeit sicherten die Ingolstädter sich gegen Waldhof Mannheim ein 1:1. Und obwohl der FCI nicht gerade der Verein ist, dem meine Sympathien gelten, habe ich mich im Moment des Ausgleichs riesig gefreut.

Es ist ein Meilenstein. Es ist ein Aufbrechen des Männerprivilegs im noch immer patriarchal geführten Fußball-Kosmos. Und es ist andererseits auch nicht mehr als eine Randerscheinung in der Medienlandschaft und erst recht in den Köpfen vieler Fußballfans.

Es ist gerade erst ein paar Tage her, dass der DFB hinsichtlich eines Trainer-Lehrgangs (bewusst nicht gegendert), eine - wohlwollend formuliert - unglückliche Figur abgegeben hat. Im Mittelpunkt (oder eben leider nicht): Sabrina Wittmann. Und jetzt diese - leider immer noch als mutig geltende - Entscheidung des FCI, sie zumindest bis zum Saisonende als Chefin-/Interimstrainerin zu befördern.

Ja, zugegeben: Ob es wirklich ein Meilenstein und ein Aufbrechen ist, wird sich erst noch zeigen und wirklich wahrscheinlich ist es wohl nicht. Natürlich ist es mindestens genauso gut möglich, dass der Chef:instuhl nach den letzten paar Saisonspielen neu besetzt wird und dann erstmal wieder ganz lange nichts passiert.

Trotzdem ist es ein Grund zur Freude. Für alle Frauen, für alle FLINTA* in der Fußballlandschaft und vielleicht auch ein Stück darüber hinaus. Und auch ich feier das - obwohl CIS-Dude - ab. Überall dort, wo das Patriarchat herrscht (also im Grunde so gut wie überall, wenn es um hierarchische und privilegierte Strukturen geht), freue ich mich über ein Aufbrechen.

Soweit, so ok. Diese meine Freude muss "Mann" nicht teilen und ich kann sogar nachvollziehen, dass abseits derer, die diesen vermeintlichen Durchbruch scheiße finden, einem großen Teil der alten weißen Männer (plus Kompliz:innen), diese Entscheidung relativ gleichgültig ist. Die nehmen das zur Kenntnis, wundern sich vielleicht ein bisschen - oder auch nicht - und das war es dann. Ein paar betonen auch, dass es ja eh nur um das Sportliche geht und es egal sei, ob da "Frau oder Mann" (sic!) an der Linie steht. Bewusst oder unterbewusst gespickt mit einem unausgesprochenen "na werden wir mal sehen"-Gedanken, ist das am Ende des Tages nichts, was das eigene Leben berührt. Ingolstadt ist eh Latte und die überbewertete Toleranz dieser Entscheidung ist da auch schon das Größte der Gefühle.

Meiner Freude will ich trotzdem Ausdruck verleihen. In vereinzelten sozialen Netzwerken mit FCSP-Bezug. Ihr wisst schon, dieser Gutmenschen-Verein. Jaja. Reaktionen (Daumen hoch oder so) bleiben komplett aus und hey - siehe vorherigen Absatz - das ist ja auch "normal". Ich kann ja schlecht von privilegierten alten weißen Männern, die sich hier vermehrt tummeln, erwarten, dass sie pro Feministisch auftreten. Toleranz ja; einstehen, einfordern, unterstützen und sich auch mal mitfreuen, damit oder dass sich auch wirklich mal was ändert - nee, irgendwo gibt es Grenzen.

Und natürlich weiß ich, dass meine pure Freude nichts auf der Welt ändert. Und die (Nicht-)Reaktion der anderen alten weißen Männer auch nicht. Aber sie sind bezeichnend. Nicht mehr, aber vor allem auch nicht weniger.

Ach doch, eine Reaktion gibt es. Einen vermeintlich "lustigen Spruch", der vor allem eine gewisse Gleichgültigkeit betont. Den kritisiere ich nicht einmal, sondern setze nur - sinngemäß - sowas wie ein "jaja" darunter. Das war natürlich schon zu viel der Triggerei und schon fühlen sich weitere alte weiße Männer genötigt, sich zu belustigen. Nicht über die Beförderung Sabrina Wittmanns, sondern eher darum, dass da jemand um die Ecke kommt, der dieser Entscheidung eben mehr als Gleichgültigkeit bis stillschweigende Toleranz entgegen bringt. Irgendwie mindestens genauso bezeichnend, dass es trotz dieser Gleichgültigkeit bis Toleranz, manch alten weißen Männern häufig dann doch schwer fällt, auch einfach mal zu schweigen.

Gute Nacht!

(Nein, nicht alle "hellhäutigen" Männer ab einem Alter X sind so und erst recht sind nicht alle gleich. Die Umschreibung steht (für uns) auch nicht für alle CIS-Männer ab irgendeinem Alter, denn auch darunter gibt es natürlich progressive und emanzipatorische Personen, die für Veränderungen einstehen. "Alte, weiße Männer" steht für diejenigen, die mit ihren damit verbundenen Privilegien komplett fein sind und nichts für Veränderungen übrig haben. Leider geht das auch oft einher mit einer Haltung einher, aus der deutlich wird, dass noch immer viel zu viele ihre Privilegien in Gefahr sehen, sobald gewisse Themen auch nur erwähnt werden. All diese sind gemeint, wenn wir - und andere - von "alten, weißen Männern" sprechen. Es geht nicht um eine homogene Gruppe mit sichtbaren Merkmalen ("alt" und "weiß"), sondern um eine Haltung, Selbstbewertung und damit verbundene eigene Sicht (und Einsicht) hinsichtlich ihrer Privilegien.)