Samstag 01.03.25, 15:30 Uhr, 24. Spieltag, 1. Bundesliga (M), Millerntor

Intro 1: Rechte Gewalt in Hamburg

Wir haben am Vortag die Ausstellung „Rechte Gewalt in Hamburg von 1945 bis heute“ im FCSP-Museum besucht. Vorher haben wir die seit Jahren aufgeschobene Stadiontour gemacht und Guid*in T. (danke nochmal für die tolle Führung und die klaren Ansagen) meinte noch, als wir ihr von unserem Vorhaben erzählten: "Da müsst Ihr starke Nerven für haben".

Dass wir die benötigen, haben wir natürlich schon geahnt. Dass es aber so heftig wird und ich kaum noch die Tränen runterschlucken konnte und das Lesen teilweise unterbrechen musste, war dann doch deutlich mehr. Und das alleine auf Grund von Worten, die auf großen Tafeln standen.

Danke liebes Musem, dass Du diese Ausstellung in unseren Räumen ermöglicht hast! Danke liebe Stiftung Hamburger Gedenkstätten und Lernorte, dass Ihr diese Ausstellung konzipiert habt! Danke an alle, die zu dieser Ausstellung beigetragen haben und danke an Ibrahim Arslan, einem Überlebenden des Brandanschlags in Mölln von 1992, bei dem drei Mitglieder seiner Familie ums Leben kamen, der als Betroffener großen Anteil an dieser Ausstellung hat.

Es gibt dazu auch einen interessanten Museum-Podcast und wer die Ausstellung verpasst hat (sie läuft gerade aus) kann sie hier auch online besuchen. Soweit ich das richtig überblicke beinhaltet die Seite 1 zu 1 die vollständigen Texte der physischen Ausstellung, wie sie im Museum zu sehen war. Nur eine Bitte vorab: Wenn die Ausstellung online durchlaufen möchtet, macht das bitte nicht jetzt mit einem Klick zwischendurch um mal eben reinzuschauen und hier und da etwas zu lesen. Nehmt Euch bitte bewusst die Zeit. Dazu rief auch Ibrahim Arslan auf:

"Er rief die Anwesenden dazu auf, sich beim Rundgang durch die Ausstellung die nötige Zeit zu nehmen und die Geschichten der Betroffenen bewusst aufzunehmen. Denn nur so, betonte Arslan, kann ein tiefgehendes Verständnis für die Verletzungen entstehen, die rechte Gewalt in Menschen und in der Gesellschaft hinterlässt. Die Ausstellung bietet mit Arslans Worten und den Geschichten weiterer Betroffener einen Raum für Reflexion und ist eine Mahnung an uns alle, weiterhin aufmerksam zu bleiben, nicht wegzuschauen und Betroffenen zuzuhören.

Quelle: Gedenkstätten Hamburg

 

Mit etwas Abstand kommt aber auch wieder sowas wie Wut bei mir hoch. Auf die Leute, die beim letzten Heimspiel Oke und Sven ausgepfiffen haben. Auf die Leute, für die Antifaschismus bedeutet, mal ein paar zurecht gelegte schwarze Zettel hochzuhalten. Aber sobald es auch nur ein klein wenig unbequem wird und man selber auch nur einen Tropfens seiner Lebenswelt - und sei es auch nur ein sehr lieb gewonnenes Lied - opfern muss, wird mit Protest reagiert. Und erst recht auf die Leute, die meinen, das sei ja alles so lange her und man müsse doch mal einen Schlussstrich ziehen. Insbesondere an Letztgenannte: Verpisst Euch einfach! Nehmt aber gerne den Umweg über diese Ausstellung und dann denkt anschließend noch mal nach, ob das wirklich so ne gute Idee ist (und ja: auch ohne diese Ausstellung und ohne all das, was nach dem 8. Mai 1945 passiert ist, ist das natürlich keine "gute Idee"). Und falls dieses Stück Selbstreflexion wirklich was bei euch bewirkt: Kommt gerne zurück.

Intro 2: Kurzer Hinspiel-Rückblick

Heute ist der BVB zu Gast und nur ungerne erinnern wir uns an das Hinspiel zurück: Für viele Leute war es schon äußerst ätzend beim Einlass und wurde beim Spiel nicht besser. Arschteure Karten mit einer Sicht, die vom Bunkerdach nicht schlechter hätte sein können. Unsere Spieler konnte ich bestenfalls an ihren typischen Bewegungsabläufen erkennen. Dazu dann die unverdiente Niederlage und ein Spaziergang zurück zum Hauptbahnhof, der alles andere als ein Spaziergang war. Gespräche um uns herum, bei denen mensch nur verzweifeln oder um sich schlagen konnte. Eine unseren Weg kreuzende rücksichtslose BVB-Ultra-Horde, durch die wir irgendwie durchkommen mussten. Am Ende kostete das alles unfassbar viel Energie, selbst mich als CIS-Dude (ok, mit entsprechenden psychischen Vorgeschichten, aber). Unsere FLINTA*-Leute (die über 70% unseres Fanclubs ausmachen) waren dem natürlich noch viel heftiger ausgesetzt. R. hat damals ihr Empfinden dazu hier im Blog zu Tastatur gebracht.

Hoffen wir, dass es heute in jeder Beziehung besser wird. Immerhin ist Heimspiel. Hm, schrieb ich nicht zuletzt, dass ich froh bin, wenn wir auswärts spielen, weil zu Hause auch längst nicht alles supi ist, insbesondere nach den oben geschilderten beschämenden Pfiffen zuletzt? Ja, mensch kann es mir offenbar nie recht machen. Ihr mich auch.

Dann kommt der Spieltag

Ich hab den Kaffee echt auf, aber der Reihe nach. Mit dem BVB kommen jetzt nicht gerade die Hochsympathen zum Millerntor. Die damalige Verpflichtung von Nmecha ist da nur ein (allerdings auch äußerst gravierendes) Ding, was mir gerade so durch den Kopf geht.

Wir sind wie gewohnt früh drin und während durch die Boxen mal wieder die geilste Stadionmucke überhaupt dröhnt, knacken die Dortmunder*innen vermutlich einen Saisonrekord: 29 Minuten vor Anstoß krächst es bereits "Scheiß Sankt Pauli" aus der Gäst*innen-Kurve. Mit dem selber einfallsreichen Gassenhauer feiern sie dann auch ihren schmeichelhaften Sieg. Gähn.

Auf die Nord (Sitz), für uns derzeit noch immer die beste Chance gemeinsam irgendwo im Stadion unterzukommen, haben sich gleich mehrere Leute verirrt. Ein Mensch mit (ich glaube) Stockport County-Bommelmütze und HSV-Sitzkitzen sowie gleich mehrere Personen in schwarz-gelb. Ich frag mich immer wieder, wie die es bei unserer Kartenknappheit in den Heimbereich schaffen. Immerhin führte sich niemand so auf, dass die Halsschlagader pochte.

Um die Augen wieder zu besänftigen reichte ein Blick auf die Süd, wo im Sitzbereich zahlreiche Fahnen zur Eigeninitiative hinterlegt wurden. Und das mit Erfolg, denn der Anblick von kurz vor bis kurz nach Anpfiff war wahrlich traumhaft. Danach konzentrierte sich das Geschwenke aber auch wieder komplett auf den Stehbereich. Warum bei den Sitzern das Wedeln nach einigen Spielminuten so konsequent eingestellt wurde, entzieht sich meiner Kenntnis.

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Nach 3 Minuten sehe ich einen Handelfmeter für uns, vermutlich als einziger im ganzen Stadion und vermutlich bin ich auch die einzige Person, die hier Unrecht hat. Der Rest des Spiels ist der chronische Schmerz, der sich über große Teile dieser Saison hinzieht: Wir spielen vor allem in der 1. Halbzeit richtig gut und haben auch wieder genug Möglichkeiten, um das Ding in die richtige Richtung zu drücken. Stattdessen geht es Torlos in die Pause, nach der die Dortmunder taktisch angepasst in Führung gehen und nachlegen. Bei beiden Toren - ich habe bisher keine TV-Bilder gesehen - gab es nicht unweit vorher Szenen, wo der Schiri möglicherweise durchaus vorher auf Foulspiel gegen Dortmund hätte entscheiden können (vielleicht aber auch nicht). Dazu noch ein für mich klar Elfmeterreifes Foul an Noah, allerdings ohne, dass der Ball dort ankam (was offenbar ausschlaggebend dafür war, dass nicht gepfiffen wurde, zumal der Schiri den Übeltäter mit Fingerzeig auf sein Ohr (VAR-Verweis) offenbar noch mitteilte, dass er doch demnächst etwas vorsichtiger sein soll - unverständlich!) und fertig ist der übliche Frustsalat: Kein Tor, möglicherweise (Stadionsicht) die eine oder andere nicht so ganz unwichtige Entscheidung gegen uns und irgendwie auch die Erkenntnis, dass uns manche Teams in Sachen Cleverness einfach auch was voraus haben. Paradebeispiel: Als das Spiel wegen einer Verletzung unterbrochen wird, wir zuvor im Ballbesitz waren und es Hochwurf gibt, laufen direkt drei Dortmunder dorthin, während wir ein paar Meter entfernt verharren.

So weit, so frustrierend und so schnell dahin geschrieben für meine Verhältnisse. Umso besser für Euch. Gute Nacht!

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Sportliches gibt's wie immer beim Millernton.

 

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